dafür setzen wir uns ein

Wie das Projekt entstand

Am Nordrand des Dorfes Hachmühlen liegt im Tal des Flüsschens Hamel ein parkartiges, unmittelbar an die Feldmark grenzendes Gelände von 11000 qm Größe, beschattet von vielen, teils riesigen Pappeln und zahlreichen anderen, vor Jahrzehnten angepflanzten Laub- und Nadelbäumen. Drei Teiche und die Hamel bis zur Flußmitte gehören ebenfalls zu dieser Fläche, von der ein Teil zu einer Streuobstwiese umgewandelt werden sollte.

Deshalb, und um der standorttypischen Bodenvegetation eine Chance zur selbstständigen Entfaltung zu geben, aber auch zur Sicherung des Wasserabflusses der Hamel (in die ständig große Pappeläste fielen), gaben die Behörden "grünes Licht" zur Fällung der meisten Bäume im August 2014. Als Ersatz für die alten Pappeln unmittelbar an der Hamelböschung haben wir im Frühjahr 2015 dreiundzwanzig Korbweiden gepflanzt.

Die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung förderte die Anlage der Streuobstwiese auf etwa 1/3 der Gesamtfläche, die Entschlammung der Teiche, die Schaffung von Kleinbiotopen wie Totholzhaufen und einem Natursteinwall, von Vogelschutzgehölzen und Nistgeräten für die Dauer von 3 Jahren. Antragsteller für das Bingo-Projekt (U 034 / 15 G) war die Jägerschaft des Kreises Hameln-Pyrmont, für die örtliche Durchführung und Berichterstattung zuständig waren die Eigentümerin und ihr Ehemann (siehe "Über uns").

Der bisherige Projektverlauf

Bis zum Ende der Projektlaufzeit (November 2017) waren alle Antragspositionen abgearbeitet. Die vorliegende Fassung der Homepage ist das Ergebnis einer Aktualisierung im Spätsommer 2023.

 

Die Teiche

Die Randzonen der drei Teiche wurden - als vorgezogene Maßnahme - schon im Februar 2015 entschlammt und damit auch von den Unmengen von Falllaub befreit, die sich im Laufe der Jahrzehnte dort abgelagert hatten. Außerdem nutzten wir die Anwesenheit des dafür eingesetzten Baggers aus, um den restlichen Schlagabraum, der von der Baumfäll-Aktion des vorangeganenen Sommers noch auf der Fläche herumlag, auf einen riesigen Totholzwall (60m lang, 10m breit, 2-3m hoch) zusammenschieben zu lassen. Damit gelangte, außer dem Teichschlamm, auch viel Erde auf die Ostseite dieses Walles - mit der Folge, dass er nun durch blühende Pflanzen und Gras so begrünt ist, dass man von dieser Seite her das Totholz gar nicht mehr erkennen kann. Auf seiner hinter Weidenbüschen und Erlen verborgenen Westseite dagegen sieht man die hohlraumreiche, wirre Struktur des Totholzhaufens noch sehr gut - und das ist die ganz heimliche Ecke der Projektfläche, wo Teichrallen, Stockenten und diverse Kleinvögel gern brüten, zumal sich im Schutz der dichten Büsche ein Wassergraben unmittelbar am Wall entlang zieht. Der Graben mündet in den oberen der drei Teiche, und gern sitzt der Eisvogel dort auf Kleinfische an.

Seitdem die Beschattung durch die rund um die Teiche wachsenden Laubbäume, vor allem Erlen, weggefallen ist, hat sich im Wasser des oberen, gut 2500qm großen Teiches eine üppige Pflanzenwelt entwickelt mit Laichkräutern, Tannenwedel und Wasserlinsen als Hauptarten. Im Wasser wimmelt es von Ruderwanzen, Wasser- und Schwimmkäfern, Süßwassergarnelen und Wasserflöhen, und darüber fliegen verschiedene Libellenarten. Im Frühjahr bevölkern unzählige Kaulquappen der Wasser- und Grasfrösche alle Teiche, und Schwärme von Plötzen und Moderlieschen locken die Eisvögel und Reiher an. Auch uralte Karpfen gibt es, die aber seit langem nicht mehr genutzt werden.

 

Wie sich herausstellte, hatte die nun ungehemmte Besonnung der Teichflächen auch ihre Schattenseiten:  In nur zwei Vegetationszeiten breitete sich der Ästige Igelkolben von ganz kleinen Anfängen (über die wir uns zunächst noch gefreut hatten) so sehr aus, dass bis zum Sommer 2016 der mittlere Teich völlig und der untere fast zur Hälfte zugewuchert waren. Mit anderen Worten, die Verlandung hatte begonnen. Vom Ufer aus war dieser Pflanze, die sich mit sehr schnell wachsenden, im Teichboden kriechenden Wurzelstöcken verbreitet, nicht mehr beizukommen. Es musste ein transportables Floß gebaut werden, und nach vielen Wochen sehr anstrengender Arbeit hatten die Teiche wieder freie Wasserflächen, sodass der reiche Kleinfischbestand für die Eisvögel und andere Interessenten uneingeschränkt verfügbar war. Dieser Idealzustand währte allerdings nur zwei Jahre, der Ästige Igelkolben - von uns jetzt gern der "lästige Igelkolben" genannt - hatte den mittleren Teich vollständig zurück erobert und den unteren zu zwei Dritteln. Das Floß war nicht mehr einsetzbar, und nur dank der tatkräftigen Hilfe eines tüchtigen Freundes aus der Nachbarschaft konnte wenigstens etwa ein Viertel der Fläche des unteren Teiches frei gehalten werden. Im oberen, dem großen Teich gibt es noch keinen Igelkolben, jedoch einen durchaus wünschenswerten, weil den Teichrallen Deckung bietenden, kleinen Bestand von Rohrkolben.

 

Und nun passierte etwas völlig Unerwartetes: Im Winter 2022/23 waren „plötzlich“ alle Igelkolben des mittleren Teiches abgestorben – alle mit Ausnahme einer halbmeterbreiten Randzone rings um den Teich, in der die Blätter grün geblieben waren und bis heute (Spätsommer 2023) noch sind. Nun bedeckt eine lückenlose, dünne Schicht Wasserlinsen die gesamte freie Fläche, und dasselbe ist der Fall im unteren Teich dort, wo bisher die älteste Generation Igelkolben wuchs und ebenfalls abgestorben war. Wir sind gespannt, wie es weitergeht!


Auch am großen, oberen Teich war und ist mehr zu tun als erwartet: Die Stümpfe der gefällten Erlen, die bis 2014 die Wasserfläche ringsum beschattet hatten, treiben nun wieder so kräftig aus, dass jeder Stumpf statt des einen alten Stammes zuvor nun ein Dutzend junge Stämmchen bildet. Spätestens in zwei oder drei Jahren sind diese Erlenbüsche so hoch, dass sie gekappt werden müssen, damit Beschattung und Laubfall nicht noch schlimmer werden als durch die alten Erlen. Unsere Hoffnung, die Wurzelstöcke durch den stets wiederholten Schnitt "aushungern" zu können, hat sich also nicht erfüllt. 

Man kann diese unbändige Kraft der Natur ja bewundern - aber wenn einzelne Arten, und seien sie auch endemisch, so die Oberhand gewinnen, reduzieren sie die Artenvielfalt in ihrer Umgebung ganz erheblich. Und da unser kleines Schutzgebiet auf ökologische Diversität angelegt ist (und nicht etwa auf Prozeßschutz, ein Konzept für größere Naturräume), müssen wir pflegerisch eingreifen. Auch wenn es teuer ist. 

 

Am großen Teich bleiben auch einige Büsche, vor allem Hasel, stehen, weil wir immer noch so optimistisch sind, auf das Erscheinen von Laubfröschen zu hoffen. Das Gelände erscheint als idealer Lebensraum für diesen ebenso seltenen wie hübschen und lauten Lurch, zumal der Wassergraben am oberen Ende des Teiches dicht mit Weidengebüsch und Laubbäumen bestanden ist. 

 

Große, alte Haselsträucher gibt es übrigens reichlich am höher gelegenen Westrand des Schutzgebietes, auch an einem hundert Meter langen, schmalen "Waldgürtel" aus etwa fünfzigjährigen hohen Blaufichten, unser "Westerwald". Die gehören hier eigentlich nicht her, werden aber von der Vogelwelt intensiv angenommen, so schön dicht, wie ihre Kronen das ganze Jahr über sind. Und nicht nur von Vögeln. Auch Haselmäuse nutzen den Ostrand dieses Wäldchens, an dem ausgedehnte Burgen von Brombeeren und eben die Haselsträucher reichlich Nahrung bieten. Wir haben deshalb einen Haselmauskasten angebracht , in den wir die niedlichen Tierchen tatsächlich haben einschlüpfen sehen.

 

Bei unseren Arbeiten im Gelände haben wir auch zahlreiche Hochnester von Zwergmäusen gefunden, also niedliche kleine Kugeln aus trockenen Grashalmen, einige Dezimeter über dem Boden zwischen Gräsern und Binsen aufgehängt. Die Alt- und Hochgrasfluren hier, ganz besonders Trupps von Rohrglanzgras, stellen den Optimalbiotop für diese hoch spezialisierten Halmkletterer dar, und der nahe Totholzwall dürfte ein ideales, natürliches Winterquartier sein.

 

Der Steinwall

Ein ganz spezieller, aber räumlich kleiner Biotop ist ein Wall aus 6 to Kalksteinen, der Anfang Juli 2015 als Unterschlupf für Wiesel, vielleicht auch Eidechsen und Geburtshelferkröten, nahe dem mittleren Teich aufgeschüttet wurde. Tatsächlich konnten wir im Winter die Nutzung dieser Herberge durch Hermelin und Mauswiesel anhand ihrer Spuren im Schnee bestätigen.

 

Die Streuobstwiese

Im November 2015 war es dann endlich so weit: Die Baumschule Kewel aus Eldagsen pflanzte die bestellten, hochstämmigen Obstbäume alter, erhaltenswerter Sorten: 12 Äpfel, 2 Birnen, 2 Kirschen, 3 Pflaumen (Näheres zur Sortenwahl unter Obstbäume etc.). Das Material (Bäume, Pflanzpfähle, Schutzvorrichtungen) wurde von der Umweltstiftung bezahlt, auch Bäume und Sträucher, die keine Obstbäume sind; auf der Mertensaue z.B. 2 Sommerlinden, eine Walnuß und zahlreiche Sträucher zu Vogelschutzzwecken. Nur für die Arbeit des Pflanzens sind die Betreiber selbst zuständig. Wir haben die Fachkräfte der Baumschule pflanzen lassen, was sich sehr gut bewährt hat. Jedenfalls haben sich die Bäume zufriedenstellend entwickelt - mit Ausnahme der Großen Grünen Reneklode, die aus unerfindlichen Gründen im Sommer 2017 eingegangen ist. Sie wurde noch im November 2017 durch einen Baum derselben Sorte ersetzt, doch auch der kümmert bis heute (Frühjahr 2022) vor sich hin. Vermutlich aufgrund eines unpassenden Kleinstandortes - Wühlmäuse haben wir auf dieser stark verglasten Fläche jedenfalls nicht! Dachten wir bis zum Sommer 2022. Da stand ein im Wuchs etwas zurückgebliebener Apfelbaum plötzlich schief und ließ sich widerstandslos aus dem Boden ziehen. Die Wurzeln waren abgefressen und die Schermaus (Arvicola terrestris) läßt grüßen. Aber bisher nur dieses eine Mal!


Der Pflanzschnitt ist noch am Tage der Pflanzung vom Projektverantwortlichen selber vorgenommen worden. Damit ist die erste Grundlage für einen stabilen, gesunden und erntefreundlichen Kronenaufbau gelegt worden.

Den danach folgenden jährlichen Erziehungsschnitt - es heißt, er sei 5 bis 10 Jahre lang notwendig - habe ich bis 2021 ebenfalls eigenhändig durchgeführt, von 2016 abgesehen. Diese Unterlassung hatte genau das zur Folge, was in der Fachliteratur beschrieben wird: ein schwacher oder gar fehlender Rückschnitt führt zu geringerem Austrieb, ein starker fördert der Wachstum. Die Triebe im Folgejahr waren "enttäuschend kurz", wie in der letzten Fassung der Homepage zu lesen war. 

Bemerkenswert ist, dass sich die Apfelbäume trotz gleicher Behandlung bis heute (Frühjahr 2022) sehr unterschiedlich entwickelt haben, und das nicht wegen der verschiedenen Sorten. Denn selbst innerhalb derselben Sorte gibt es erhebliche Differenzen in der Wuchsstärke - vermutlich aufgrund von Unterschieden im Kleinstandort. Etwa ein Drittel der Bäume wächst recht ordentlich (meist mit viel zu dichten Kronen), die anderen eher zurückhaltend bis mickrig. Ein Fachmann aus der Nachbarschaft meint, das läge am Fehlen von Baumscheiben, die an sich die Regel sind, für uns in Anbetracht des Projektziels aber einen zu hohen Aufwand bedeutet hätten.

Im Spätsommer 2023 habe ich sieben gut entwickelte Apfelbäume gezählt, zwei hatten nur die Hälfte des Stammdurchmessers der „Großen Sieben“, und 3 waren ausgefallen. Diese sind durch Neupflanzungen von hochstämmigen Apfelbäumen ersetzt worden, von unserem fachkundigen Nachbarn Markwirth im Beisein und mit Unterstützung von Schulkindern.

 

Zwei der drei Pflaumen sind nun ganz abgestorben; die Unterlage der Ontariopflaume gedeiht allerdings prächtig weiter und darf dies auch. Die Mirabelle von Nancy ist nach wie vor wüchsig, hat aber bisher nie wieder auch nur annähernd soviel getragen wie im zweiten Standjahr.

 

 

Wenn es in unserem Schutzgebiet auch nicht auf den wirtschaftlichen Ertrag einer Streuobstwiese ankommt, die ohnehin nur einen kleinen Teil des Projekts darstellt, sondern vor allem auf die ökologische Bedeutung des Ganzen, also auf Artenvielfalt und Diversität der Lebensräume, so seien, wie meine Frau meint, ein paar Kilo Obst für den Eigenbedarf doch durchaus zu begrüßen. Außerdem ist ein starkes, gesundes Wachstum der Obstbäume an sich schon erstrebenswert. Wir haben u.a. deshalb die weitere Betreuung der Bäume in die fachkundigen Hände unseres Nachbarn Stefan Marktwirth gelegt, Baumscheiben eingeschlossen. Gesundheitlich bin ich ohnehin nicht mehr in der Lage, auch nur den Erziehungsschnitt an allen Bäumen in der gebotenen Intensität vorzunehmen.

Die oben erwähnten „paar Kilo Obst“ haben unsere Äpfel im Herbst 2022 tatsächlich geliefert, und das im 7. Standjahr – alle Bäume mit Ausnahme einer der beiden Blennheimer Goldrenetten. Wie bei diesem Alter zu erwarten, war der Fruchtanhang dann im Folgejahr wieder äußerst gering bis fehlend.

 

Die anfangs befürchtete Verbuschung der Fläche, z.B. aus den Stockausschlägen der

Pappelstümpfe und vereinzelter Erlen aus Samenanflug, erweist sich als geringfügig; sie wird beim jährlichen Mähen mit einem Schlegelmäher im Oktober/November ohne besonderen Aufwand beseitigt. 

 

Nistgeräte

Dem Vogelschutz sollen auch die Nistgeräte dienen, die wir im zeitigen Frühjahr 2016 angebracht haben. Mit Ausnahme der Höhle für den leider sehr selten gewordenen Gartenrotschwanz wurden alle Geräte angenommen, die Halbhöhle erwartungsgemäß durch den Grauschnäpper.

 

Vegetation

Die Flora auf der Projektfläche, die nach der Baumfäll- und Bergungsaktion im August 2014 noch aussah wie ein Panzerübungsgelände, hat sich in 2015 zu einem geradezu paradiesischen Zustand entwickelt - natürlich aufgrund des Wegfalls aller Beschattung: Im Frühjahr z.B. ausgedehnte Polster von Gundermann, Kriechendem Günsel und Roter und Weißer Taubnessel, dann im Laufe des Frühsommers dichteste Bestände von Arten der Feuchten Hochstaudenflur, vor allem des Echten Mädesüß, entlang der Teich- und Grabenränder, und auf dem größten Teil der Fläche in den hohen Grasfluren Disteln verschiedener Arten und in großer Zahl kleinere blühende Pflanzen. Dieser Biotop hat sich als beliebter Äsungsplatz für Stockenten- und 2015 auch für Nilgansküken herausgestellt, nicht nur wegen der artenreichen Flora sondern auch wegen des reichen Kleintierlebens - und die Küken können im hohen Gras nicht von Beutegreifern gesehen werden.

 

Bisher sieht es so aus, als ob die Vegetation in jedem Jahr andere Schwerpunkte setzt. Die Hochstauden haben zugenommen, niedrige blühende Pflanzen bilden nicht mehr so ausgedehnte Polster. Die ökologisch recht günstige Kohl-Kratzdistel (Insekten- und Distelfinkennahrung) ist nun sehr häufig und auch der Wiesen-Sauerampfer, dessen ökologische Vorzüge eher im Verborgenen wirken: er ist Nahrungspflanze für die Raupen mehrerer kleiner, eher unauffälliger, aber bei näherem Hinsehen wunderschöner Schmetterlinge: vom Ampfer-Grünwidderchen, dem Violetten, Braunen und Kleinen Feuerfalter und dem Dukatenfalter. 

 

Diese günstige Entwicklung trifft vor allem auf die Flächen außerhalb der Streuobstwiese zu, nämlich auf alle Teichränder und das Gebiet zwischen den Teichen und dem Westrand des Grundstücks. Dort gibt es seit etwa 6 Jahren ausgedehnte Bestände von Brennnesseln mit Tendenz zu weiterer Ausbreitung und daran anschließend eine sehr artenreiche Zone anderer blühender Pflanzen, unter anderem mit Johanniskraut, Sumpf-Storchschnabel, Hohlzahn, Blutweiderich, Sumpf-Hornklee, Jakobs Greiskraut, Wolfstrapp und verschiedene Arten rotblühender Disteln, die ebenso wie die dort üppig vorkommende Kohldistel kleine Bestände bilden. Auffällig verbreitet hat sich in den letzten Jahren die Kanadische Goldrute. Sie wird zwar als „invasiver Neophyt“ bezeichnet, ist aber auf der Mertensaue wegen ihrer großen Attraktivität für viele Insekten, vor allem Hymenopteren und Dipteren, durchaus willkommen. Auch das ebenso eingestufte Drüsige Springkraut, das vorzugsweise an der Hamel in kleinen Gruppen oder einzelnen Pflanzen wächst, schätzen wir als spätsommerlichen Nektarspender für Honigbienen und Hummeln sehr. Es zeigt bei uns eben nicht das oft verteufelte Konkurrenzverhalten zur endemischen Vegetation, sondern fügt sich seit Jahren bescheiden in das heimische Bild ein.

 

Östlich der Teiche, insonderheit auf der Streuobstwiese, ist die Vegetation wesentlich artenärmer. Vorherrschend sind „Wirtschaftsgräser“, jetzt allen voran der Wiesenfuchsschwanz, die wohl vor vielen Jahren hier eingebracht wurden und eine enorme Wuchskraft entfaltet haben. Immerhin hat sich in den letzten Jahren Rohrglanzgras in mehreren großen Horsten verbreitet, außerdem Brennnessel und Wiesenlabkraut.

 

Die bis 2022 übliche einmalige Mahd mit dem Schlegelmäher im Spätherbst, bei der das gesamte Mähgut breitflächig am Ort verblieb, hat zumindest im Ostteil der Mertensaue nicht zu einer wesentlichen Diversifizierung der Flora beigetragen, was in Anbetracht der dort so dominanten Gräser auch nicht weiter verwunderlich ist. Seit dem Juni 2023 haben wir deshalb auf zweimaliges Mähen mit dem Schlegelmäher umgestellt: Ende Juni (wenn keine Rehkitze mehr zu erwarten sind) und wie bisher im Spätherbst, nachdem die Kohldisteln ihre Samenwolle abgegeben haben und als Nahrungsquelle für die Distelfinken nicht mehr in Betracht kommen. Das Mähgut verbleibt nicht mehr auf der Fläche, sodass auch weniger wuchskräftige Pflanzen sich entfalten können.

 

  

Honigbienen

Auch Imkern ist eine schöne Beschäftigung, die man auch mit fast achtzig Jahren noch lernen kann. Jedenfalls standen seit Mitte Juni 2016 zwei Bienenvölker in einem windgeschützten Winkel der Projektfläche - womit alle Wünsche der Umweltstiftung erfüllt worden sind.

 

Bis zum Herbst 2016 haben sich die beiden Völker gut entwickelt, auch das kleinere, ein Ableger. Nach Varroa-Bekämpfung und Fütterung haben beide das erforderliche Wintergewicht erreicht, wie der Imker, dem die Bienen und Beuten gehören, am 18. Oktober feststellte.

 

Und dann – in einer Phase strengen Frostes im Winter 2016/17 -  geschah das Ungeheuerliche:  Unsere Grünspechte, sonst gern gesehene Brutvögel in der Nachbarschaft, hatten ein riesiges Loch in eine der Styroporbeuten gehackt und das Bienenvolk war tot!

Immerhin gedieh das andere Volk so gut, dass wir es auf drei Zargen aufstocken konnten, um es mit dessen eigenem Honig ohne Zufütterung überwintern zu können. Vor Spechtattacken ist diese Beute nun gut geschützt: In jedem Winter werden maschendrahtbespannte Holzrahmen auf ihren Wänden angebracht (s. Bildergalerie). Auf die Ernte des Honigs haben wir, der Imker Conrad Nolte und ich, im Interesse der Ökologie des Schutzraumes Mertensaue verzichtet.

Doch zuvor, im Mai 2017 bereitete uns dieses Bienenvolk eine noch größere Überraschung, und die war der Auslöser zu einem ganz neuen Vorhaben, das nach unserer Überzeugung besonders gut in die ökologisch-naturschützerische Zielsetzung des Projektes (Lebens- und Schutzraum für einheimische Wildtiere ...) passt:  Die Bienen hatten geschwärmt, niemand hatte die Schwarmtraube, die irgendwo nahe der Beute gehangen haben musste, bemerkt (wir wohnen ja mehr als Hundert Kilometer entfernt), und die Spurbienen aus der Schwarmtraube hatten sich mit Sinn für die Eigentumsverhältnisse ausgerechnet den großen Holzbriefkasten am vermieteten Haus der Grundstückseigentümerin als neue Wohnung ausgesucht – immerhin in etwa 200 m Entfernung und ohne die zahlreichen anderen Briefkästen der Nachbarschaft zu beachten.

Alle Bemühungen, dieses Volk samt Königin aus dem Briefkasten heraus in eine leere Styroporbeute neben der alten umzusiedeln, blieben erfolglos. Nun weiß ich auch warum: die neue Wohnung darf sich weder neben noch in der Nähe der alten befinden, denn dann würde ein Großteil des geschwärmten Volkes, vom vertrauten Duft gelenkt, wieder in das alte Heim einziehen. Wie es wohl geschehen ist.

 

Was hat mir diese Erfahrung gezeigt? Es ist nicht sinnvoll, von Göttingen aus Bienenvölker in Hachmühlen, anderthalb Autostunden entfernt, konventionell beimkern zu wollen. Und auch unser lieber Imkerfreund aus Hannover, dem die Bienen und Beuten gehören, hat dazu nicht die erforderliche Zeit und Möglichkeit zur Spontan-Präsenz.

Unser neues, modifiziertes Vorhaben zur naturnahen Ansiedlung von Honigbienen sollte nun folgendes sein:

Die bestehenden Beuten werden im Winter durch Maschendraht gegen Spechtschäden und ganzjährig wie bisher gegen Varroa-Befall mittels Thymol geschützt, und ihr Honig wird nicht entnommen.

Für die zu erwartenden (bzw. erhofften) Schwärme werden in ausreichender Entfernung Beuten bereitgestellt, die dem Klima in Baumhöhlen möglichst weitgehend entsprechen. Also doppelwandig mit Stroh zwischen den beiden dicken Holzwänden, mit einer abnehmbaren Dachkonstruktion, welche die dennoch entstehende Luftfeuchte gut ableitet und trotzdem die Wärme im oberen (Brutnest-)Bereich zurückhält, und mit einem ebenfalls abnehmbaren Boden mit einem Gemüllkasten, in dem ein Lebensraum für Bücherskorpione (Chelifera cancroides) und für eine ihnen als Nahrungsgrundlage dienende Mikrofauna angelegt wird. Die Bücherskorpione siedeln sich bei entsprechender Konstruktion auch in den Wänden der Beute an und stellen den Varroa-Milben auf den Bienen nach, ohne diese selbst zu schädigen. Natürlich wird auch diesen Bienenvölkern ihr Honig zur gesunden Überwinterung überlassen.

Wir hatten die Hoffnung, dass künftige Spurbienen diesen nahezu optimalen Brutraum finden und ihren Schwarm dorthin führen, auch ohne dass wir ständig präsent sein müssen, um etwaige Schwarmtrauben einzufangen.

Verschiedenen Veröffentlichungen aus Wissenschaft und Praxis zufolge sollte es möglich sein, mit diesem System Bienenvölker ohne chemische Varroa-Bekämpfung lebensfähig zu erhalten. Möglicherweise stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Bienen, Milben, Bücherskorpionen und Mikrofauna ein.

Fachgerecht erörtert sind diese Gesichtspunkte aufgrund eigener Forschungsergebnisse in dem Buch „Handlungsanleitung für artgerechte Bienenhaltung mit Bücherskorpionen“  (beenature-project.com) von Torben Schiffer, Biologe und externer wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Würzburg (Prof. Dr. J. Tautz). Darin finden sich fundierte Untersuchungen zur Biologie des Bücherskorpions, seiner Beziehung zu den Bienen, und zu den klimatisch-physikalischen Eigenschaften der verschiedenen Beutetypen im Vergleich zur Baumhöhle, dem natürlichen Habitat der Honigbiene seit zigmillionen Jahren.  Ich habe diesem Bienenforscher zahlreiche Hinweise zum Bau einer geeigneten Beute zu verdanken. 

Und genau eine solche sozusagen vorschriftsmäßige "naturnahe" Bienenbehausung habe ich gebaut - ein recht arbeite- und auch kostenaufwendiges Werk. Aufgestellt wurde es im Frühjahr 2018 in der Streuobstwiese, weit genug von den anderen Beuten entfernt. Und der Erfolg: ein Wespenvolk zog ein Jahr später ein - und sonst passierte bisher nichts. Obwohl unser Nachbar 2019 jenseits der Hamel in knapp einhundert Metern Entfernung einige Bienenvölker etabliert hatte und in der weiteren Entfernung Stände mit zahlreichen Völkern betrieben wurden, empfanden die Honigbienen diese "naturnahe" Beute wohl doch nicht so verlockend. An Schwärmen dürfte es also nicht gemangelt haben.

Wir haben unsere Mini-Imkerei inzwischen aufgegeben. Die Honigbiene ist nun mal leider zu einem pflegebedürftigen Haustier ge- oder verzüchtet worden, das seinen Betreuer vor Ort oder in der Nähe braucht. Selbst professionelle Imker verlieren immer mal wieder ein Volk, was man verschmerzen kann, wenn man viele Beuten in Betrieb hat, bei nur zweien aber ist es eine Katastrophe. 

Warum habe ich das alles hier dennoch so ausgebreitet? Weil ich hoffe, dass man darauf lernen kann. Und weil es eine spannende Episode in unserem und im Leben unserer Mertensaue war. 

 

Tierarten

An Tierarten wurden bis November 2017 festgestellt: 20 Säugetierarten, 65 Vogelarten (davon 25 Brutvögel, darunter der Eisvogel), 6 Amphibienarten, 3 Reptilienarten, 5 Fischarten. Die 20 bis jetzt beobachteten land- und wasserlebenden Nicht-Wirbeltierarten (z.B. Insekten) stellen mit Sicherheit nur einen kleinen Bruchteil der tatsächlich vorkommenden dar, denn es gibt auf der Projektfläche ja eine große Vielfalt an Lebensräumen und bisher bestand keine Möglichkeit für gezielte Untersuchungen.

Dies hat sich bis 2023 leider nicht verbessert und kann es auch in Zukunft nicht, solange nicht ein externer Spezialist unerwarteterweise solche Untersuchungen in Angriff nehmen sollte. Bei unseren gelegentlichen Besuchen auf der Mertensaue fallen allerdings immer wieder mal neue Arten auf, beispielsweise die Große Königslibelle (Anax imperator) oder neuerdings recht häufig das Große Ochsenauge (Maniola jurtina).“

 




"Haben wir eine größere Aufgabe, als die Schöpfung zu bewahren und damit die Nachwelt zu schützen? Ich kenne keine."

(Richard von Weizsäcker)